Update 06.04.2018

Im März 2017 hat das Oberlandesgericht Braunschweig in dem Kapitalanlegermusterverfahren gegen Volkswagen einen von TILP vertretenen VW-Aktionär zum Musterkläger bestimmt. In dieser Funktion als Musterklägervertreter haben wir im August 2017 die Ansprüche der durch den Abgasskandal geschädigten Anleger in einem umfangreichen Initialschriftsatz gegenüber dem Oberlandesgericht Braunschweig begründet. Volkswagen hat nun Ende Februar 2018 seinen Verteidigungsschriftsatz vorgelegt.

Bis Ende Juni hat Volkswagen zudem auf die Schriftsätze anderer Geschädigter zu erwidern, welche als Beigeladene am Musterverfahren teilnehmen, bevor dann im September 2018 die mündliche Verhandlung vor dem Oberlandesgericht Braunschweig beginnen soll.

Aktuelle Fragen und Antworten (Stand 06.04.2018):
Können sich geschädigte Anleger noch am Musterverfahren beteiligen?

Ja. Geschädigte Wertpapierinhaber, die bislang noch keine rechtlichen Schritte gegen Volkswagen eingeleitet haben, haben noch bis spätestens 31.12.2018 die Möglichkeit Klage zu erheben. Zwar ist im Fall Volkswagen aufgrund einer Gesetzesänderung im Jahr 2015 die Frage sehr umstritten, welche Verjährungsfristen für die Anleger im Einzelnen gelten. Jedenfalls aber mit Ablauf 31.12.2018 dürfte von einer Verjährung sämtlicher Ansprüche auszugehen sein. Geschädigte Anleger müssen daher noch in diesem Jahr handeln, um die Verjährung ihrer Ansprüche abzuwenden.

Im Falle einer rechtzeitigen Klageerhebung nehmen Sie ebenfalls als Beigeladener am Musterverfahren teil.

Wie sind die Erfolgsaussichten eines Vorgehens gegen Volkswagen?

Die Volkswagen AG hat nach unserer Überzeugung gegen deutsches Recht verstoßen, indem sie ihren gesetzlichen Informationspflichten im Zusammenhang mit Dieselgate nicht nachgekommen ist. Es handelt sich bei den verschwiegenen Informationen um Umstände, die erheblichen Einfluss auf den Aktienkurs des Unternehmens hatten. Das Wertpapierhandelsgesetz gewährt Aktionären ein Recht, über solche entscheidenden Dinge informiert zu werden. Mit den uns vorliegenden Dokumenten, dürfte die Schadensersatzpflicht von VW hinreichend belegt werden dürfen. Danach hat die Volkswagen AG jedenfalls seit dem 6. Juni 2008 den Kapitalmarkt pflichtwidrig nicht darüber informiert, dass ganz immense finanzielle Risiken drohen aus ihrem rechtswidrigen Verhalten gerade in den USA. Wer das amerikanische Rechtssystem kennt, musste mit Risiken im zweistelligen Milliardenbereich rechnen, wenn er Abgaswerte manipuliert. Nach unserem Dafürhalten steht fest: Volkswagen hat das gewusst. Entweder hatten die Organe von VW unmittelbar selbst Kenntnis oder aber das Unternehmen muss sich rechtlich so behandeln lassen, als wäre diese Kenntnis vorhanden gewesen. Dies folgt aus dem vom BGH entwickelten Rechtsinstitut des sogenannten Organisationsverschuldens.

Nach Prüfung des nun vorliegenden Verteidigungsschriftsatzes von Volkswagen müssen wir feststellen, dass VW auf die zentralen Fragen im Musterprozess nicht oder lediglich sehr vage eingeht. Im Wesentlichen zieht sich VW darauf zurück, dass der Vorstand von den jahrelangen Manipulationen keine Kenntnis gehabt haben will und im Übrigen auch nicht absehbar gewesen sein soll, dass die aus den Manipulationen folgenden Straf- und Schadensersatzzahlungen eine nennenswerte Höhe erreichen würden.

Wir halten diese Argumentation von Volkswagen sowohl in rechtlicher als auch in tatsächlicher Hinsicht für nicht durchgreifend, teilweise sogar für abwegig. Angesichts dieses Schriftsatzes der Gegenseite schätzen wir die Erfolgsaussichten eines rechtlichen Vorgehens selbst für Anleger, die bislang noch nicht tätig geworden sind, weiterhin als sehr gut ein.,.

Auf welche Höhe beläuft sich der Schadensersatz?

Hier muss man unterscheiden. Zum einen gewährt das Gesetz den sogenannten Kursdifferenzschaden (KDS). Auf Basis des § 37 b WpHG a.F. ist dieser KDS besonders einfach geltend zu machen, da er die Beweislast in mehrerlei Hinsicht zu Lasten von VW umdreht. Für VW-Vorzüge haben wir den KDS berechnet auf EUR 61,80 pro Stück, für die VW-Stämme auf EUR 56,20 pro Stück. Voraussetzung für diesen KDS ist, dass die Wertpapiere ab dem 06.06.2008 gekauft wurden und am 18.09.2015 noch im Depotbestand waren. Dieser KDS wird unabhängig davon gewährt, wie hoch der tatsächliche Schaden ist und ob die Papiere nach dem 18.09.2015 verkauft wurden oder noch gehalten werden. Dabei ist auch unerheblich, ob der Verkaufspreis höher oder niedriger als der Kaufpreis war.

Alternativ zum KDS kann auch der „normale“ Schadensersatz gefordert werden, der sogenannte Transaktionsschaden. Allerdings muss dann auch ein tatsächlicher (Buch)Verlust eingetreten sein. Für diesen Schaden ist es unerheblich, ob und wann die Papiere verkauft wurden Entscheidend ist allein, dass sie in dem Zeitraum 06.06.2008 bis 18.09.2015 gekauft worden sind.

Übernimmt meine Rechtsschutzversicherung die Kosten der Rechtsverfolgung?

Das kommt darauf an. Aufgrund der unterschiedlichen Ausgestaltung der Rechtsschutzbedingungen bedarf dies einer genauen Überprüfung im Einzelfall. Gerne richten wir für Sie zunächst eine entsprechende Deckungsanfrage kostenfrei an Ihre Versicherung.

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Marvin Kewe
Managing Partner | Rechtsanwalt | Bankkaufmann | Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht
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