Update 07.12.2021

  1. Musterverfahren vor dem OLG Braunschweig

Nachdem die letzten Verhandlungstermine im Juni 2021 stattgefunden hatten, hat das OLG Braunschweig nun am 18. November seinen lange erwarteten Hinweisbeschluss zum Verfahrensstand und zum weiteren Fortgang des Verfahrens erlassen.

In diesem Beschluss stellt das OLG Braunschweig klar, dass die Entscheidung zur Manipulation jedenfalls für den US-Markt bereits ab 2008 eine zu veröffentlichende Insiderinformation darstellte. Damit deckt sich die vom OLG angenommene Phase der Irreführung und Täuschung des Kapitalmarkts durch Volkswagen nun mit dem Zeitraum, den TILP bereits zu Beginn der Klageverfahren im Zusammenhang mit dem Abgasskandal im Jahr 2015 angenommen hat.

Andererseits hat das OLG Braunschweig seine bisherige vorläufige Auffassung geändert, wonach für die Pflicht zur Erfüllung der Kapitalmarktinformationspflichten durch Volkswagen nicht nur auf der Ebene des Vorstands liege, sondern auch auf Ebene der Bereichsleiter der Motorenentwicklung. Danach hätte es für die Haftung von Volkswagen ausgereicht, wenn die dortigen Ingenieure die Manipulationen gegenüber den Aktionären und Investoren verschwiegen hätten. Stattdessen soll es nach jetziger Auffassung des OLG Braunschweig aber doch wieder allein auf ein Verschulden auf Vorstandsebene ankommen. Wir sind dennoch überzeugt, auch den Nachweis erbringen zu können, dass Vorstandsmitglieder vorsätzlich gehandelt haben, insbesondere der damalige Vorstandsvorsitzende Martin Winterkorn. Nicht zuletzt ist auch der Bundesgerichtshof in seiner Grundsatzentscheidung vom 25. Mai 2020 davon ausgegangen, dass „die grundlegende strategische Entscheidung in Bezug auf die Entwicklung und Verwendung der unzulässigen Software von den im Hause der Bekl. für die Motorenentwicklung verantwortlichen Personen, namentlich dem vormaligen Leiter der Entwicklungsabteilung und den für die Forschungs- und Entwicklungsaktivitäten der Bekl. verantwortlichen vormaligen Vorständen, wenn nicht selbst, so zumindest mit ihrer Kenntnis und Billigung getroffen bzw. jahrelang umgesetzt worden ist.“ (BGH, Urteil vom 25.05.2020, VI ZR 252/19).

Wir sind vor diesem Hintergrund zuversichtlich, die Darlegungs- und Beweisanforderungen erfüllen zu können und damit die Schadensersatzpflicht von Volkswagen für den Gesamtzeitraum von 2008 bis 2015 zu begründen.

Die Beteiligten des Musterverfahrens haben nun Gelegenheit, bis Ende Januar 2022 zu diesen Hinweisen des OLG Braunschweig schriftsätzlich Stellung zu nehmen. Der nächste Termin zur mündlichen Verhandlung soll im März 2022 stattfinden.

 

 

  1. Musterverfahren vor dem OLG Stuttgart

Im Musterverfahren vor dem OLG Stuttgart, in dem es um die Haftung der Porsche Automobil Holding SE (PSE) im Zusammenhang mit Dieselgate geht, haben am 9. und 10. November weitere Verhandlungstermine stattgefunden. In diesen Terminen wurden die beiden zentralen Fragen des Musterverfahrens diskutiert: (1.) War die PSE neben Volkswagen verpflichtet, den Kapitalmarkt über die Insiderinformationen zum Abgasskandal zu informieren, oder traf diese Pflicht ausschließlich Volkswagen und (2.) ist das Wissen, das die Vorstände oder weitere Mitarbeiter von Volkswagen über Dieselgate besaßen, automatisch auch der PSE als deren Wissen zuzurechnen?

Zu beiden Fragen werden die Beteiligten des Musterverfahrens bis Ende Januar 2022 schriftsätzlich Stellung nehmen. Die mündliche Verhandlung soll sodann voraussichtlich im Mai oder Juni 2022 fortgesetzt werden.

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Marvin Kewe
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Weitere Updates

VW Abgasmanipulationen – Update 03.06.2020

Der Bundesgerichtshof („BGH“) hat am 25.05.2020 mit einem Grundsatzurteil erstmals gegen die Volkswagen AG („VW“) in Sachen Dieselgate entschieden (Urteil vom 25.05.2020, VI ZR 252/19). Er verurteilte VW zu Schadenersatz an den klagenden Fahrzeugkäufer wegen vorsätzlich sittenwidriger Schädigung nach § 826 BGB.

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