TILP Rechtsanwälte setzt sich im Telekom-Prozess erneut gegen die Deutsche Telekom durch – Oberlandesgericht Frankfurt am Main beschließt nach § 142 Abs. 1 Satz 1 ZPO die Vorlage der umfangreichen Zeugenvernehmungen Dr. Sommer, Dr. Eick, Hedberg und Ricke aus dem US-Prozess sowie Aktenvermerke zu dem Gespräch Dr. Sommer/Stanton (VoiceStream) von Anfang März 2000
Kirchentellinsfurt, 05.08.2008
TILP Rechtsanwälte hat sich nach monatelangen schriftsätzlichen Auseinandersetzungen im Telekom-Prozess erneut gegen die Musterbeklagte Deutsche Telekom durchgesetzt. Zuletzt gelang es TILP Rechtsanwälte einen Berichtigungsantrag zum Vorlagebeschluss durchzusetzen und damit das Untersuchungsspektrum des OLG Frankfurt zu erweitern.
Mit Beschluss vom 1.8.2008 gab der 23. Zivilsenat des Frankfurter Oberlandesgerichts nun der Deutsche Telekom auf, binnen eines Monats die den VoiceStream-Komplex betreffenden Zeugenvernehmungen der Herren Dr. Sommer, Dr. Eick, Hedberg und Ricke aus dem 2005 durch einen Vergleich über $ 120 Millionen beendeten Schadenersatzverfahrens vor dem Southern District of New York im Frankfurter Mammutprozess vorzulegen. Damit wird ein direkter Abgleich zu den Aussagen dieser Zeugen vor dem OLG Frankfurt möglich.
Zudem muss die Deutsche Telekom die Aktenvermerke zu dem Gespräch zwischen Ex-Telekom CEO Dr. Sommer und Ex-VoiceStream-Chef Stanton von März 2000 vorlegen. Dagegen sollen die Dokumente rund um die Due Diligence-Prüfungen des VoiceStream-Komplexes sowie andere Unterlagen im US-Verfahren unter Verschluss bleiben.
Noch keine Entscheidung traf der Senat hinsichtlich der Hinzuziehung des Bewertungsgutachtens des Bundesrechnungshofs zum Komplex Telekom-Immobilien. Allerdings hält das OLG den diesbezüglichen Antrag von TILP Rechtsanwälten für zulässig, da es im Beschluss ankündigt, zunächst den Bundesrechnungshof anzufragen, ob das Dokument tatsächlich der Geheimhaltung unterliege.
Wörtlich führte das Gericht in seinem Beschluss aus: „Die Antragsteller haben in einer für die Durchführung einer Beweisaufnahmeausreichenden Weise vorgetragen, dass bezüglich des Komplexes „Erwerb von VoiceStream“ der Prospekt unrichtig ist“.
OLG erklärt Einbeziehung von Unterlagen aus einem sog. pre-trial-discovery-Verfahren in den USA explizit für zulässig
Das Gericht führt weiter aus: „Entgegen der Ansicht der Musterbeklagten steht einer solchen Anordnung auch nicht die dem deutschen Zivilrecht eigene Ablehnung der pre-trial-discovery entgegen, da aus dieser nicht zwingend folgt, dass die – prozessordnungsgemäß zustande gekommenen – Dokumente aus einer anderen Rechtsordnung keinen Eingang in das Verfahren finden dürfen.“
Dazu Rechtsanwalt Andreas Tilp: „Diese Aussage ist von rechtsgrundsätzlich erheblicher Bedeutung. Damit wird der Zugang zum Recht für deutsche Investoren auch vor deutschen Gerichten ab sofort bei grenzüberschreitenden Kapitalmarktschäden deutlich erleichtert.“
Deutsche Telekom drohen Konsequenzen im Falle der Nichtvorlage
„Wir begrüßen diesen Beschluss des OLG Frankfurt und sehen uns in unseren massiven Zweifeln an den Zeugenaussagen der früheren Telekom-Spitze nachhaltig bestärkt“, so Rechtsanwalt Peter Gundermann.
Sollte sich die Telekom nicht an die Vorlageanordnung des OLG halten, droht ihr nach §§ 286, 427 Satz 2 ZPO („Folgen der Nichtvorlegung für den Gegner“), dass Behauptungen des Beweisführers, hier des von TILP Rechtsanwälte vertretenen Musterklägers, zu VoiceStream über die Beschaffenheit und Inhalt der Urkunden dann vom Senat als bewiesen angenommen werden.
Die Vorlageanordnung des Frankfurter Oberlandesgerichts ist nicht anfechtbar.