Update 10.10.2019 - der Insolvenzverwalter macht Ernst und nimmt die ersten Anleger auf Rückzahlung in Anspruch

In den Insolvenzverfahren über die Vermögen der deutschen P&R Gesellschaften haben nun die ersten Anleger Post von der Insolvenzverwaltung erhalten. Sie sollten die erhaltenen Zahlungen, also die Mieteinnahmen und die Containerrückkäufe an den Insolvenzverwalter zurück erstatten. Ein Schock und der Super-Gau für Anleger.

Im März 2018 haben die Geschäftsführer der deutschen P & R Gesellschaften Insolvenzanträge gestellt. Ende Mai 2018 stellte sich heraus, dass seit dem Jahr 2006 erhebliche Deckungslücken im Containerbestand vorhanden waren, welche jährlich stiegen. Für das Jahr 2018 hat die Insolvenzverwaltung festgestellt, dass von den rund 1,6 Millionen Containern gerade einmal gut 600.000 Stück tatsächlich existieren. Es  waren also etwas über 1 Million Container gar nicht vorhanden.

Im Ergebnis stellte sich heraus, dass das Geschäftsmodell P & R als (Teil-)Schneeballsystem geführt wurde.

Warum haben nun ausgerechnet Sie Post vom Insolvenzverwalter erhalten?

In den Insolvenzverfahren der deutschen P & R Gesellschaften geht es nicht ausschließlich darum, dass noch bestehende Forderungen gegen die Gesellschaften möglichst umfassend bedient werden. Dazu ist die Insolvenzverwaltung bestrebt, die Insolvenzmasse so groß wie nur möglich werden zu lassen. Ein erhebliches Risiko für die Anleger und ehemaligen Anleger der deutschen P & R Gesellschaften ist die insolvenzrechtliche „Anfechtung“ nach den Vorschriften der Insolvenzordnung (InsO). Die Anfechtung ermöglicht es Insolvenzverwaltern, Vermögensverschiebungen, die der Schuldner im Vorfeld des Insolvenzverfahrens vornimmt, im Rahmen eines solchen Verfahrens rückgängig zu machen.

Kurz: Es geht um die Frage, ob Sie Gelder, welche von P&R an Sie gezahlt wurden, sei es Mietzahlungen oder Containerrückkäufe, an die Insolvenzmasse zurückzahlen müssen.

Der anfechtungsberechtigte Zeitraum umfasst die letzten vier Jahre vor Insolvenzantragsstellung.

Anleger, welche Mieten und/oder Rückkaufsbeträge für Container innerhalb der letzten vier Jahre vor Insolvenzantragsstellung erhalten haben, sehen sich der Gefahr ausgesetzt, dass sie diese Gelder zurückzahlen müssen. Die Rechtslage hierzu ist sehr umstritten. Eine Rückzahlungspflicht bestünde, wenn es sich u.a. um sogenannte „unentgeltliche Leistungen“ gehandelt hat. Unentgeltlich ist eine Leistung, wenn der Erwerb des Empfängers und seine Endgültigkeit vereinbarungsgemäß nicht von einer ausgleichenden Zuwendung abhängt.

Im Kern dreht es sich um die Frage, ob Sie als Anleger auch Eigentümer der Container gewesen sind. Dieses ist jedoch in mehrfacher Hinsicht fraglich. Zum einen existierten gerade einmal rund ein Drittel der Container. Zum anderen ist fraglich, ob es zu einer rechtswirksamen Übereignung überhaupt gekommen ist. Diese Übereignungstatbestände umfassen eine Vielzahl von rechtlichen Fragestellungen. Unter anderem ist die sachenrechtliche Frage der Übereignung nach dem Recht des Staates zu beurteilen, in dem die Sache belegen ist (Grundsatz der Lex Rei Setae, Artikel 43 EG, BGB). Demnach wäre zunächst zu klären, wo der jeweilige Container zum Zeitpunkt der (vermeintlichen) Übertragung belegen war. Selbst wenn dieser in Deutschland belegen war, so bestehen erhebliche Zweifel, ob die erforderliche Bestimmbarkeit gegeben war. Im Ergebnis dürfte die Rechtsfrage, ob Sie als Anleger jemals Eigentümer eines Containers wurden, wohl zu verneinen sein. So auch die ersten Entscheidungen des Landgerichts München, das sich mit dieser Frage zu befassen hatte. Jedenfalls dürften Sie in einem möglichen Gerichtsverfahren diesen Eigentumserwerb nur sehr schwer (wenn überhaupt) gerichtsfest beweisen können.

Da Sie (vermeintlich) nicht Eigentümer der Container waren, so haben Sie im anfechtungsberechtigten Zeitraum keine Mieten erhalten. Die Zahlungen an Sie sind in rechtlicher Hinsicht als „Scheinmieten/Scheingewinne“ zu qualifizieren. Der Bundesgerichtshof hat hierzu entschieden, dass unter bestimmten Voraussetzungen solche Zahlungen der Insolvenzanfechtung unterliegen In den vom BGH zu entscheidenden Fällen war die Zahlung der Rendite allerdings von (tatsächlich nicht erzielten) Bilanzgewinnen abhängig. Dieses ist im Fall P & R aber anders, da die (Miet-)zahlungen hier vertraglich vereinbart waren und somit nicht unabhängig von einem etwaigen Bilanzgewinn. Im Ergebnis stellt sich die (ungeklärte) Rechtsfrage, ob die Übertragung der Schneeballsystem-Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes auf den Fall P & R übertragbar ist.

Anleger, die nun vom Insolvenzverwalter auf Rückzahlung in Anspruch genommen wurden, sollten auf keinen Fall ohne vorherige rechtliche Beratung die Zahlung leisten. TILP bietet eine kostenfreie Ersteinschätzung und zeigt Ihnen die Handlungsoptionen auf.

Ihre Ansprechpartner

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Marvin Kewe
Managing Partner | Rechtsanwalt | Bankkaufmann | Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht

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