Aktuelle Informationen zum Strafverfahren gegen den ehemaligen Vorstandsvorsitzenden der Wirecard AG vom 02.12.2022

Am 29. November 2022 wurde der vom Insolvenzverwalter vertagte Prüftermin im Insolvenzverfahren über das Vermögen der Wirecard AG fortgesetzt. TILP-Anwalt Marvin Kewe nahm an dem Termin teil und konnte Folgendes in Erfahrung bringen:

Der Prüftermin wurde erneut weiträumig auf den 19. Oktober 2023 vertagt. Es wurden bisher nur wenige Forderungen der traditionellen Gläubiger (u.a. Banken) durch den Insolvenzverwalter festgestellt. Nach Aussage des Insolvenzverwalters werden die Gläubiger der bereits festgestellten Forderungen jedoch bis auf weiteres keine Abschlagszahlungen erhalten. Aufgrund des Urteils des Landgerichts München I vom 23. November 2022, sei eine Feststellung der Forderungen der Aktionäre zur Insolvenztabelle derzeit nicht möglich.

In ihrer Pressemitteilung vom 23. November 2022 teilte das Landgericht München I (LG) mit, dass die unter anderem gegen den Insolvenzverwalter der Wirecard AG gerichtete Klage einer Kapitalverwaltungsgesellschaft auf Feststellung von Schadenersatzforderungen zur Insolvenztabelle abgewiesen wurde.

Das Urteil der 29. Zivilkammer vom 23. November 2022 (Az. 29 O 7754/21) ist bisher weder rechtskräftig noch veröffentlicht. Es handelt sich um ein Verfahren, welches nicht von unserer Kanzlei geführt wurde. Aus diesem Grund ist eine rechtliche Analyse des Urteils erst nach dessen Veröffentlichung möglich.

Die Pressemitteilung des LG steht – aus unserer Sicht – in Widerspruch zum Hinweisbeschluss des Bundesgerichtshofs (BGH) (II. Zivilsenat) vom 29. Mai 2006 und dem Beschluss des IX. Zivilsenat vom 19. Mai 2022. Beide Zivilsenate sind der Auffassung, dass „derartige Schadenersatzforderungen des durch Betrug bzw. arglistige Täuschung zum Vertragsschluss verleiteten Anlegers […] ihre Wurzeln nicht in dem Vertrag selbst, sondern in den schädigenden Ereignissen, die erst zum Abschluss des Vertrages mit der betreffenden nachteiligen Nachrangklausel führten [haben].“ Geschädigte Anleger sind, zumindest in der vom BGH bereits entschiedenen Konstellation, nicht nachrangig zu behandeln.

In beiden streitgegenständlichen Konstellationen vor dem Bundesgerichtshof ging es jedoch um Genussrechte. Mit welcher Begründung das LG eine unterschiedliche Behandlung von Aktionären und Genussrechtsinhabern rechtfertigt, wird möglicherweise dem ergangenen Urteil zu entnehmen sein.

Da dieses Urteil bisher nicht rechtskräftig ist, ist vor dem Hintergrund der eben angesprochenen Haltung des BGH damit zu rechnen, dass die Klägerpartei Rechtsmittel einlegt, wovon (wohl) auch der Insolvenzverwalter ausgeht. Das letzte Wort in dieser Rechtsfrage wird wohl dem Bundesgerichtshof vorbehalten bleiben, weshalb sich für geschädigte Wirecard-Aktionäre zunächst nichts ändert. Sobald wir das Urteil des LG ausgewertet haben, werden wir detailliert zu den rechtlichen Hintergründen und möglichen Auswirkungen für geschädigte Aktionäre berichten.

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Martin Kühler
Partner | Rechtsanwalt

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