Zum Ablauf eines Kapitalanleger-Musterverfahrens

- Wie funktioniert ein Kapitalanleger-Musterverfahren?

- Allgemeine Begrifflichkeiten

- Veranschaulichung des KapMuG-Musterverfahrens

Wie funktioniert ein Kapitalanleger-Musterverfahren?

Die Durchsetzung eines Anspruchs im gerichtlichen Wege ist häufig mit erheblichen Aufwendungen verbunden. Es kostet „Zeit, Geld und Nerven“.

TILP setzt sich als eine der führenden und erfahrensten deutschen Kanzleien seit 1994 konsequent, effektiv und ausschließlich für die Interessen von Investoren und Anlegern ein. In vielen großen Wirtschaftsverfahren vertritt TILP private und institutionelle Investoren, Family Offices und auch öffentliche Einrichtungen der Verwaltung. Ziel unserer Arbeit ist nicht nur die Stärkung der Rechte von Investoren, sondern auch die effektive und kostenbewusste Schaffung von Instrumenten zur Rechtsdurchsetzung im Wege des kollektiven Rechtsschutzes. Kanzleigründer Andreas Tilp war von 2011 bis 2018 stellvertretender Vorsitzender des Gesetzgebungsausschusses Bank- und Kapitalmarktrecht im Deutschen Anwalt Verein und engagierte sich für die Interessen von Investoren und Anlegern beispielsweise in Anhörungen und Gesprächsrunden im Deutschen Bundestag und vor der Europäischen Kommission. Er war Sachverständiger der Regierungskommission Corporate Governance sowie mehrfach Sachverständiger des Deutschen Bundestages, beispielsweise zum Anlegerschutz- und Funktionsverbesserungsgesetz, zum AIFM-Umsetzungsgesetz und zum ersten Finanzmarktnovellierungsgesetz.

Gerade für geschädigte Investoren und Anleger ist der Weg zu einer effektiven Rechtsdurchsetzung geprägt von juristischen Begriffen und Verfahrensbeschreibungen, welche oftmals unverständlich sind und zu Missverständnissen führen.

Wir möchten Ihnen auf dieser Seite nicht nur die Begrifflichkeiten erläutern, sondern auch die Gründe darstellen, welche für die Rechtsverfolgung im Wege eine Kapitalanleger-Musterverfahrens (nachfolgend: KapMuG-Musterverfahren) sprechen.

Allgemeine Begrifflichkeiten

Zunächst möchten wir Ihnen einige allgemeine Begrifflichkeiten erläutern:

I. Einzelklage

Unter einer Einzelklage (auch Individualklage genannt) verstehen wir die individuelle gerichtliche Geltendmachung eines Anspruchs. Mit anderen Worten, die Einreichung einer Klage durch einen geschädigten Anleger.

II. Sammelklage

Der Begriff „Sammelklage“ wird häufig mit Klagen in den USA in Verbindung gebracht. Diese dort als „class action“ bezeichnete Prozessform hat den Vorteil, dass bei einer erfolgreichen Klage neben dem eigentlichen Kläger auch alle anderen Personen profitieren, die von demselben Sachverhalt betroffen sind. Das deutsche Recht kennt diese Form der Sammelklage nicht. Es existieren jedoch auch hierzulande verschiedene Prozessformen, die einer Sammelklage nach US-Vorbild jedenfalls ähneln. Der gängigste Anwendungsfall, in welchem in Deutschland der Begriff „Sammelklage“ verwendet wird, ist der Fall der sogenannten subjektiven Klagehäufung. Hiervon spricht man, wenn auf Klägerseite mehrere Personen stehen, welche die ihnen jeweils individuell zustehenden Ansprüche in einer gemeinsamen Klage geltend machen.

Ein besonderes Risiko dieses Vorgehens ist die Gefahr der sogenannten Prozesstrennung. Das Gericht kann anordnen, dass mehrere in einer Klage erhobene Ansprüche in getrennten Prozessen verhandelt werden, wenn dies aus sachlichen Gründen gerechtfertigt ist.

Dieses Risiko ist besonders darin begründet, dass bei Schadensersatzforderungen zwingend die sogenannte Kausalität durch die Kläger darzulegen und zu beweisen ist, was naturgemäß stets einer individuellen Bewertung jedes einzelnen Verfahrens bedarf. Allein diese Frage könnte daher dazu führen, dass ein Gericht bei einer „Sammelklage“ die Klägergemeinschaft im Wege der Prozesstrennung wieder auflöst. Folge dessen wäre, dass die angestrebten Kostenvorteile durch quotale Kostenteilung wieder verloren gehen. Die dann anfallenden Verfahrenskosten und Kostenrisiken wären nach einer solchen Prozesstrennung von jedem Kläger in voller Höhe individuell zu tragen.

Regelmäßig ist zudem damit zu rechnen, dass eine Vielzahl von komplexen Rechtsfragen auftreten werden, welche ggf. nur durch Einschaltung von Sachverständigen entschieden werden können. Die damit verbundenen Gutachtenkosten sind hoch und erreichen oftmals mittlere 5-stellige Beträge. Im Rahmen der individuellen Klage sind diese Kosten von der Klägerseite vorab zu leisten. Im KapMuG-Musterverfahren obliegt dieses regelmäßig nur dem Musterkläger, sodass insbesondere private Anleger diese Kosten nicht tragen müssen.

III. Musterfeststellungsklage

Der Begriff der Musterfeststellungsklage wird häufig in Fragen an uns verwendet. Oftmals versehen mit Hinweisen auf Diskussionsforen oder sonstigen Beiträgen im Internet.

Die Musterfeststellungsklage ist jedoch kein geeignetes prozessuales Mittel, um die Rechte von Investoren und Anlegern zu verfolgen. Gleichwohl möchten wir auch diesen Begriff kurz erläutern:

Mit Wirkung zum 1. November 2018 hat der Gesetzgeber in Deutschland die Möglichkeit einer  Musterfeststellungsklage eingeführt. Bei dieser Form des kollektiven Rechtsschutzes übernehmen Verbraucherverbände die Rolle des Klägers für eine Vielzahl betroffener Verbraucher. Bekanntestes Beispiel für diese Klageform ist die vom Verbraucherzentrale Bundesverband für tausende geschädigte Fahrzeughalter (nicht Wertpapierbesitzer) geführte Musterfeststellungsklage gegen die Volkswagen AG im Zusammenhang mit der VW-Abgasaffäre. Einer solchen Musterfeststellungsklage können sich ausschließlich Verbraucher anschließen. Unternehmen und Verbände sind von einer Teilnahme ausgeschlossen.

IV. Musterverfahren nach dem Kapitalanleger-Musterverfahrensgesetz

Eine weitere Form des kollektiven Rechtsschutzes stellt die Einleitung eines sogenannten Musterverfahrens nach dem Kapitalanleger-Musterverfahrensgesetz (kurz „KapMuG“) dar. Dieses auf die Bedürfnisse geschädigter Kapitalanleger zugeschnittene Gesetz ermöglicht in seiner jetzigen Form seit 2012 die Führung von Musterverfahren wegen infolge falscher, irreführender oder unterlassener öffentlicher Kapitalmarktinformation erlittener Schäden in Wertpapieren und anderen Kapitalanlagen. In einem Musterverfahren nach dem KapMuG können Tatsachen- und Rechtsfragen (z. B. zur Kausalität), die sich in mindestens zehn individuellen Schadensersatzprozessen gleichlautend stellen, einheitlich für alle Kläger entschieden werden.

Gerne erläutern wir Ihnen nachfolgend nochmals detailliert den Ablauf eines solchen Musterverfahrens und stellen insbesondere dar, weshalb die Einleitung eines solchen Musterverfahrens aus Anlegerschutzgründen zu empfehlen ist.

Wie läuft ein Kapitalanleger-Musterverfahren ab?

Ein Musterverfahren nach dem KapMuG setzt zunächst voraus, dass in mindestens zehn individuellen Schadensersatzprozessen Musterverfahrensanträge gestellt werden. In diesen Musterverfahrensanträgen legen die Kläger dem Gericht zentrale Tatsachen- und Rechtsfragen vor, die für alle Klageverfahren gebündelt verhandelt und entschieden werden sollen. Wichtig ist insoweit zu wissen, dass es nicht darauf ankommt, ob die Musterverfahrensanträge im Rahmen von Einzel- oder Sammelklagen gestellt werden. Um ein Musterverfahren nach dem KapMuG in die Wege zu leiten, genügt also die Einreichung einer mindestens zehn Kläger umfassenden Sammelklage.

Formal eingeleitet wird das Musterverfahrens schließlich durch Erlass eines Vorlagebeschlusses durch das zuständige Landgericht.

Im Anschluss an den Erlass des Vorlagebeschlusses greift die gesetzliche Zwangswirkung des §8 KapMuG. Danach hat nach der Bekanntmachung des Vorlagebeschlusses im Klageregister das Prozessgericht (das Gericht an dem Klage erhoben wurde) von Amts wegen alle bereits anhängigen oder bis zur rechtskräftigen Entscheidung über die Feststellungsziele im Musterverfahren noch anhängig werdenden Verfahren auszusetzen, wenn die Entscheidung des Rechtsstreits von den geltend gemachten Feststellungszielen abhängt. Das gilt unabhängig davon, ob in dem Verfahren ein Musterverfahrensantrag gestellt wurde. Es kommt also nicht darauf an, ob die Parteien des jeweiligen Verfahrens ein Musterverfahren wollen oder nicht. Die jeweils ausgesetzten Verfahren werden Ausgangsverfahren genannt. Nach Abschluss des Musterverfahrens werden diese Ausgangsverfahren (gleich ob Einzelklage oder „Sammelklage“) wieder aufgenommen. Das Ausgangsgericht kann dann eine Entscheidung (Urteil) fällen, wobei es an die Feststellungen des Musterverfahrens gebunden ist (sog. Bindungswirkung).

Wir möchten nochmals betonen, dass sich der Gesetzgeber bewusst gegen ein Wahlrecht im Hinblick auf die Teilnahme an einem Musterverfahren entschieden hat. Es ist Sinn und Zweck des Musterverfahrens, dass nicht hunderte oder gar tausende Prozesse – mit womöglich unterschiedlichen Ergebnissen – parallel geführt werden. Die wesentlichen Fragen sollen vielmehr in einem Verfahren für sämtliche Anleger gleich behandelt und deren einzelne Verfahren bis zum Abschluss des Musterverfahrens zwingend ausgesetzt werden. Ist ein Musterverfahren eingeleitet, gibt es keine Möglichkeit sich diesem zu entziehen.

Hieraus erwachsen, insbesondere für private Investoren und Anleger, immense Vorteile:

a. Vergleich im Musterverfahren

Das KapMuG sieht in § 17 insbesondere vor, dass ein KapMuG-Musterverfahren auch im Wege des Vergleichs erledigt werden kann. Ein Ausgangskläger kann somit entscheiden, ob ein gerichtlicher Vergleichsvorschlag angenommen wird oder nicht.

b. Obsiegen im Musterverfahren

Sofern das Musterverfahren in den wesentlichen Sach- und Rechtsfragen positiv im Sinne der Kläger entschieden wird, profitieren die „Ausgangskläger“ aufgrund der sog. Bindungswirkung des Musterentscheids unmittelbar hiervon. Im besten Fall kann das Ausgangsgericht unmittelbar ein Urteil für jeden individuellen Kläger fällen.

c. Unterliegen im Musterverfahren

Selbst im Falle des Unterliegens im Musterverfahren bestehen immense Vorteile auf Seiten der Kläger. Sofern ein Musterentscheid die wesentlichen Sach- und Rechtsfragen im Sinne der Beklagten entscheidet, macht eine Fortführung des (ausgesetzten) Ausgangsverfahrens regelmäßig wenig Sinn . Die Klage kann daher (in der ersten Instanz) zurückgenommen werden. Resultat ist, dass auch die dann von der Klägerseite zu tragenden Verfahrenskosten (bspw.: Anwalts-, Gerichtskosten) im Wesentlichen auch nur auf die Kosten der ersten Instanz beschränkt sind. Das bedeutet, dass das Kostenrisiko im Vergleich zur Individualklage auf ca. 25% eines Kostenrisikos begrenzt ist. Dieses erläutern wir nachfolgend noch näher.

d. Rechtsweg zum BGH stets eröffnet

Ein wesentlicher Vorteil des Musterverfahrens ist, dass im Hinblick auf den im Musterverfahren erlassenen Musterentscheid der Rechtsweg zum Bundesgerichtshof („BGH“) kraft Gesetz immer eröffnet ist. Die Sache hat stets grundsätzliche Bedeutung (§ 20 KapMuG), sodass auch stets eine höchstrichterliche Entscheidung ergehen kann. Diese hat dann Bindungswirkung für alle Kläger, ohne die sonst üblichen Kostenrisiken. Ein gewöhnliches Klageverfahren nach der Zivilprozessordnung könnte hingegen bereits vor dem Oberlandesgericht (in 2. Instanz) rechtskräftig abgewiesen werden, wenn die Voraussetzung der grundsätzlichen Bedeutung nicht erfüllt ist. Diese Entscheidung liegt im Ermessen des Gerichts, kann also nicht mit Sicherheit ausgeschlossen werden.

e. Keine überlange Verfahrensdauer

Kritiker des KapMuG-Musterverfahrens werfen dieser Verfahrensart häufig vor, dass die Verfahrensdauer „überlang“ sei. Hierbei wird häufig auf das Verfahren gegen die Deutsche Telekom, welches auch durch TILP geführt wird, hingewiesen. Dieser Vorwurf geht unserer Auffassung nach ins Leere. Anders als durchschnittliche Zivilklagen beinhalten hochkomplexe Musterverfahren, wie eben jene gegen die Deutsche Telekom eine Vielzahl von Tatsachen- und (teils höchstrichterlich noch nicht entschiedene) Rechtsfragen, deren Beantwortung naturgemäß entsprechend mehr Zeit in Anspruch nimmt. Dies gilt umso mehr, als für einzelne Themenkomplexe oftmals gerichtliche Sachverständige hinzugezogen werden müssen.

 

Soweit Musterverfahren also länger dauern als „normale“ ZPO-Klagen, ist dies also primär der Komplexität der Fälle geschuldet, nicht aber der Verfahrensart. Natürlich kann auch die größere Zahl von Beteiligten im Rahmen des Musterverfahrens zu einer längeren Verfahrensdauer beitragen, da insbesondere auf Klägerseite jeder Rechtsanwalt die Möglichkeit hat, Schriftsätze einzureichen, Anträge zu stellen etc. Gerade dies ist aber ein entscheidender Vorteil des Musterverfahrens für die Kläger, da hier das gesamte Wissen und die Kompetenz aller Klägeranwälte zusammengetragen wird und die Anleger alle gemeinsam für ihre Rechte streiten. Wenn dies dazu führt, dass das Verfahren nach längerer Zeit gewonnen statt nach kürzerer Zeit verloren wird, wird wohl jeder die längere Verfahrensdauer gerne in Kauf nehmen.

TILP meint daher, dass es vernünftiger und erfolgsversprechender ist, die Zeit auch für die Interessen der Klägerseite zu nutzen. Wer hier insbesondere auf das KapMuG-Musterverfahren gegen die Deutsche Telekom verweist, verkennt, dass wohl kein Kläger im Wege einer Einzelklage dieses Verfahren hätte gewinnen können. Die entscheidenden Sach- und Rechtsfragen wurden nämlich in diesem Verfahren im Wege der Kooperation der Klägeranwälte erarbeitet und vorgetragen. 

f. Anmeldung eines Anspruches

Ein weiterer Vorzug des KapMuG- Musterverfahrens liegt in der Möglichkeit der verjährungshemmend Anmeldung von Ansprüchen nach § 10 Abs. 2 KapMuG. Geschädigte Anleger, welche ihre Ansprüche bisher nicht in einem Ausgangsverfahren gerichtlich geltend gemacht haben, können ihre Ansprüche durch einen Rechtsanwalt im Musterverfahren anmelden lassen. Hierdurch kann die Verjährung der Ansprüche kostengünstig gehemmt werden. Die Anmeldung eines Anspruches begründet jedoch keine Beteiligung am Musterverfahren. Ebenso wenig werden die Anmelder in einen möglichen Vergleich mit einbezogen.

e. Verringertes Prozesskostenrisiko

Anders als in einem normalen Zivilprozess ist das Kostenrisiko einer Klage im Rahmen eines Musterverfahrens in der Regel auf die Kosten nur einer Instanz (vor dem Landgericht) begrenzt. Außerhalb eines Musterverfahrens kann eine Klage über mehrere Instanzen geführt werden müssen, was naturgemäß mit zusätzlichen Kostenrisiken verbunden ist. Anders als im Musterverfahren ist das Kostenrisiko von den Klägern in einem normalen Zivilprozess nur bedingt beeinflussbar und damit schwer zu kalkulieren.

Denn obsiegt der Kläger vor dem Landgericht, hat es der Beklagte weiterhin in der Hand, ob er Berufung einlegt oder nicht. Gewinnt der Beklagte in der Berufungsinstanz, hat der Kläger die Kosten des gesamten Rechtsstreits zu tragen. Doch selbst wenn der Kläger auch die Berufungsinstanz für sich entscheiden kann, besteht weiterhin ein erhebliches Kostenrisiko. Der Beklagte hat es hier (die grundsätzliche Bedeutung des Falles vorausgesetzt) nämlich immer noch in der Hand, die Rechtslage vom Bundesgerichtshof überprüfen zu lassen. Obsiegt der Beklagte schließlich vor dem BGH, trägt der Kläger alle Kosten des Rechtsstreits, welche über drei Instanzen durchaus beachtliche Summen erreichen können. Dies gilt außerhalb eines Musterverfahrens sowohl für eine Einzel- als auch für eine Sammelklage.

Eine Klage bei eröffnetem Musterverfahren ist in der Regel mit nur rund 25 % des Kostenrisikos einer üblichen Klage durch drei Instanzen verbunden, wenn die Klage im Falle eines wider Erwarten erfolglosen Verlaufs des Musterverfahrens noch in der ersten Instanz vor Erlass des Musterentscheids durch das Oberlandesgericht zurückgenommen wird, ohne dass eine mündliche Verhandlung vor dem Landgericht stattgefunden hat.

Um das Prozesskostenrisiko noch weiter zu reduzieren, bieten wir Ihnen zusätzlich die erwähnte Möglichkeit einer Sammelklage in Kombination mit einem Musterverfahrensantrag.

Wie bereits erwähnt, kann das Kostenrisiko in einem eröffneten Musterverfahren – verglichen mit einer gewöhnlichen Klage nach der Zivilprozessordnung ohne Musterverfahren – deutlich reduziert werden. Hintergrund hierfür ist insbesondere die oben erläuterte Aussetzung eines eingeleiteten Klageverfahrens noch vor der ersten mündlichen Verhandlung.

Der für das Verfahren zuständige Richter wird nach Aussetzung die Gerichtsakte zur Seite legen und abwarten bis im Musterverfahren eine rechtskräftige Entscheidung ergeht. Frühestens nach Durchlaufen des Musterverfahrens könnte das Klageverfahren wieder aufgenommen werden. Für den Fall, dass das Musterverfahren negativ beendet wird, könnte die Klage nach Wiederaufnahme des Verfahrens noch in der ersten Instanz und ggfs. noch vor mündlicher Verhandlung zurückgenommen werden.

Sollte zu diesem Zeitpunkt noch keine mündliche Verhandlung stattgefunden haben, könnten die Rechtsanwälte der Gegenseite keine Terminsgebühr geltend machen. Auslagen für die Wahrnehmung ihres mündlichen Verhandlungstermins (Reisekosten, Übernachtung, etc.) wären ebenfalls nicht entstanden. Es kämen allenfalls noch die anteiligen Kosten des Musterverfahrens hinzu, welche erfahrungsgemäß verhältnismäßig gering sind. Im Falle eines extrem nachteiligen Verlaufs des Musterverfahrens (etwa durch Bekanntwerden nachteiliger Sachverhalte) könnte die (Ausgangs-)Klage noch vor Erlass des Musterentscheids zurück genommen werden. In diesem Fall bekäme die Klagepartei zwei Drittel der von ihr verauslagten Gerichtskosten zurückerstattet, was die Kosten erneut deutlich reduzieren würde.

Sie sehen also: Gerade im Fall eines ungünstigen Verlaufs des Verfahrens (und dieses betrifft ja das Kostenrisiko) greifen die Mechanismen des KapMuG-Musterverfahrens besonders gut, um das Kostenrisiko zu minimieren.

 

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Zur Veranschaulichung des KapMuG-Musterverfahrens

Hinweise

Die im Rahmen dieser Darstellung verwendeten Begriffe und Beispiele sind vor allem unter didaktischen Aspekten erstellt, um dem juristischen Laien, einige aus unserer Sicht wesentliche Aspekte zu einem komplexen zivilgerichtlichen Rechtsstreit zu erläutern. Die Darstellungen erheben daher keinen Anspruch auf Vollständigkeit.